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Können Staaten Kryptos verbieten? Mythen über die Krypto-Regulierung entlarvt

Mar 15, 2022 Jamie Nuich Marilyn Wilkinson lesezeit 8

Der australische Anwalt Jamie Nuich räumt mit den größten Mythen der staatlichen Krypto-Regulierung auf und untersucht, ob Regulierungen zum Verbot von Kryptowährungen führen können.

Es gibt so viele Mythen rund um das Thema der Regulierung von Kryptos, dass man sie in drei Kategorien einteilen kann: Machtmythen, Entwicklungsmythen und Mythen über die Funktionsweise von Kryptos. Ein besonders beliebter Mythos ist die Vorstellung, dass Regulierungen dazu beitragen, dass Kryptowährungen vollständig untergehen werden und dass Staaten Kryptowährungen verbieten können. Im Laufe der Jahre hat sich dieser viel zitierte Mythos zu einer regelrechten Krypto-Horrorgeschichte entwickelt, in der nationale Regierungen den Buhmann spielen. Sollten Krypto-Investoren besorgt sein, oder ist das alles nur Panikmache?

Bedeuten staatliche Regulierungen den Untergang von Kryptos?

Lass uns zunächst dem Narrativ nachgehen, dass staatliche Regulierungen Kryptoassets vernichten werden. Das ist falsch – aus rechtlicher und aus praktischer Sicht.

Die dezentralisierte Natur von Kryptowährungen macht eine vollständige Regulierung nahezu unmöglich. Kryptos umfassen mehrdimensionale Attribute, darunter Code, Mathematik und Quantenphysik. All dies liegt (normalerweise) außerhalb der Reichweite zweidimensionaler Gesetze. In der Vergangenheit war dies immer ein Hindernis für die Umsetzung umfassender Regelungen, auch bei der Regulierung des Internets war dies der Fall.

Die Realität ist, dass (wirklich) dezentralisierte Krypto-Assets und Non-Custodial Wallets (engl. Verwahrung ohne Depot/Tresor) nicht mit den alten Kontrollmechanismen kontrolliert werden können. Die jüngsten Ereignisse mit dem kanadischen Freedom Convoy und die berüchtigte Antwort von Nunchuk, dessen Betreiber sich den Anordnungen des Obersten Gerichtshofs von Ontario widersetzten, haben dies gezeigt.

Allerdings können Krypto-Vermögenswerte immer noch eingefroren werden, wenn es an echter Dezentralisierung mangelt. Das ist kürzlich bei den Sperren von OpenSea und Metamask gegen iranische und venezolanische IP-Kontoinhaber passiert. Zweifellos werden zentralisierte Kryptowährungen wie HBAR, XRP, CBDCs und wohl auch Ethereum 2.0 diesem Beispiel folgen.

Zumindest für dezentralisierte Kryptowährungen gilt: Um Kryptowährungen wirklich zu „töten“, müsste man das Internet (einschließlich aller Stromnetze) abschalten oder Kryptowährungen auf andere Weise durch Quantencomputing oder Hacks unterminieren. Die Abschaltung des Internets ist dank Elon Musks Starlink, das diesen Monat in der Ukraine eingesetzt wurde, um den Internetzugang zu gewährleisten, unwahrscheinlicher denn je.

Könnte es zu einem Verbot für das Mining von Kryptowährungen kommen?

Die Aussicht auf ein Verbot des Proof-of-Work-Minings (PoW) aus ökologischen, sozialen und Governance-Gründen (ESG) ist kürzlich in den Vordergrund der Debatte darüber gerückt, wie staatliche Regulierungen Kryptowährungen den Riegel vorschieben könnten.

Der jüngste Vorschlag für ein PoW-Mining-Verbot in der EU wurde heftig kritisiert und dann schnell zurückgezogen. Selbst wenn ein PoW-Mining-Verbot in der EU verabschiedet würde, wäre dies kein Todesstoß für PoW-Kryptowährungen.

Im Fall von Bitcoin gibt es überall auf der Welt Bitcoin-Miner (oder Miner-Knoten), die den Distributed Ledger (engl. verteilt) des Netzwerks betreiben. Um den Bitcoin-Minern den Stecker zu ziehen, müssten die Gesetzgeber in jedem einzelnen Nationalstaat mit Zuständigkeit für den Betrieb von Miner-Knoten das PoW-Mining verbieten und diese Verbote dann konsequent überwachen und durchsetzen. In unserer heutigen Welt – mit dem aktuellen Stand der Weltpolitik, der Leichtigkeit der Verschleierung von Knoten-IP-Adressen und den Exekutionsgrenzen der Behörden, wenn es um Krypto geht – kann man mit Sicherheit sagen, dass ein echtes Krypto-Killer-PoW-Mining-Verbot einfach nicht machbar ist.

Außerdem investieren die Nationalstaaten im Stillen Millionen in einen Cyber-Wettlauf im Bereich des Quantencomputings, der das Spiel verändern könnte. Unabhängig davon werden Regulierungen in dieser Hinsicht keinen großen Umschwung herbeiführen.

Kann ein Land Kryptowährungen verbieten?

Versuche, Kryptowährungen übermäßig zu regulieren, einzuschränken oder zu verbieten, stehen im Widerspruch zu den Rechtsgrundsätzen der Souveränität, der Selbstverwaltung und der Rechtsstaatlichkeit, auf denen freie und demokratische Gesellschaften beruhen.

In demokratischen Staaten würden Krypto-Killer-Vorschriften mit Sicherheit Tausende, wenn nicht sogar mehr, legitime Gerichtsklagen nach sich ziehen. Es wäre leicht, gegen „Krypto-Killer“-Verordnungen zu klagen wegen rechtswidriger und verfassungswidriger Ausübung staatlicher Befugnisse und unrechtmäßiger Eingriffe in die Rechte des Einzelnen.

In der Tat ist dies in Indien bereits geschehen. Im Jahr 2020 verbot die indische Zentralbank Einzelpersonen die Nutzung oder den Besitz von Kryptoassets. In der Berufung stellte der Oberste Gerichtshof Indiens fest, dass das Verbot verfassungswidrig war, und hob es faktisch auf.

Staaten können Krypto-Börsen rechtmäßig verbieten, wie es Kanada getan hat, außerhalb der Regulierung von Gelddienstleistungsunternehmen. Börsenverbote sind eine sehr viel rechtmäßigere und maßvollere Art der Beschränkung. Börsenverbote sind bereits in einigen Staaten in Kraft und könnten in weiteren Staaten in Kraft treten.

In Ländern wie Nigeria, Venezuela und Pakistan, in denen Kryptowährungen verboten sind (oder implizit verboten werden), hat die Nutzung von Kryptowährungen sogar zugenommen, um unrechtmäßige staatliche Beschlagnahmungen und Kontosperren zu vermeiden.

Im Großen und Ganzen ist die Realität, dass die Befugnisse des demokratischen Staates zur Regulierung von Kryptowährungen bei weitem nicht so groß oder gesetzlos sind, wie es in den Medien dargestellt wird. Solange die Rechtsstaatlichkeit vorherrscht, braucht man keine Angst vor einer Zukunft mit schurkischen, autoritären Staatsgewalten zu haben. Das ist genau das, was das Gesetz verhindern soll.

Wird es internationale Gesetze für Kryptowährungen geben?

Auf internationaler Ebene gibt es keinen großen Plan zur Koordinierung von Krypto-Regulierungen, trotz der populären Narrative über den Great Reset des Kapitalismus und Strauss-Howes‘ Fourth Turning. Ende 2021 kündigten die G-20 Staaten an, die Krypto-Regulierung weltweit anzuführen, daraus ist aber bisher nichts Konkretes geworden.

Die Europäische Kommission hat mit ihrem Entwurf für die Verordnung über ‘Märkte für Krypto-Assets‘ (MICA-Regeln) die größten Fortschritte bei den supranationalen Vorschriften gemacht. Dem Entwurf der MICA-Regeln wurde Mitte März 2022 bei der ersten Abstimmung vor einem Ausschuss zugestimmt und wird nun im Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission und dem Rat der EU diskutiert. Der Entwurf der MICA-Regeln enthält nun keine Verbote mehr, regelt aber Marktmanipulationen, Insiderhandel und Ähnliches, was für Kryptowährungen von Vorteil sein könnte.

Die USA machten im März 2022 weltweit Schlagzeilen, als Präsident Biden eine Executive Order zu Krypto-Assets unterzeichnete, die den staatlichen US-Behörden sechs Monate Zeit gibt, ihre Bewertungen und politischen Empfehlungen für Krypto-Assets zu untersuchen und darüber zu berichten. Dies deutet darauf hin, dass die US Administration Informationen aus allen Bereichen der Regierung sammelt, um möglicherweise umfassende Krypto-Gesetze und -Vorschriften einzuführen, die sich auf mehrere Portfolios erstrecken könnten. Das, oder es ist ein irreführendes Signal – wir werden abwarten müssen.

Abschließende Überlegungen

Die Entscheidungsträger (sowohl in der Regierung als auch in den Krypto-Governance-Strukturen) werden ihre Entscheidungen in Bezug auf Kryptos sehr sorgfältig treffen müssen, um offen für Innovation, Handel und Wohlstand zu bleiben und gleichzeitig vor Angriffen, Eindringlingen und subversiven Einflüssen geschützt zu sein, die ihren Regierungsfrieden, ihren Wohlstand und ihre Souveränität leicht gefährden könnten. Vergiss’ nicht, dass China 2019 ein Krypto-Gesetz verabschiedet hat, bevor die Regierung Kryptos in China unter dem Banner der nationalen Sicherheit verbot.

Vielleicht steckt in all dem ein Element des geopolitischen Theaters, aber die staatlichen Behörden würden ihre Pflichten vernachlässigen, wenn sie zulassen, dass Krypto-Trojaner durch die Ritzen schlüpfen und ihre Staaten untergraben, weil sie die wahre Natur der Kryptowährung bagatellisieren oder zulassen, dass sie im Verborgenen existiert. Umso mehr braucht es jetzt (bessere) Vorschriften.

Kryptowährungen werden Wirtschafts- und Währungspolitik, militärische Angelegenheiten, nationale Sicherheit, Außenbeziehungen, Geopolitik, die staatliche Souveränität, Rechtsstrukturen, Geschäftsmodelle, Eigentumsrechte und Beziehungen in allen Bereichen beeinflussen. Im Kern sind Kryptos nicht nur ein Code oder eine Währung, sondern ein Instrument der Staatskunst.

Möchtest du mehr über gängige Mythen in Bezug auf die Krypto-Regulierung erfahren? Höre dir das vollständige Interview (auf Englisch) in unserer Podcast-Folge an.

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